Statement zum Gesetzesentwurf zur Besteuerung von NGOs in Israel
(English version below)
Israel ist durch eine vielfältige und lebendige Zivilgesellschaft gekennzeichnet. Mit dem neuen Gesetzesentwurf zur Besteuerung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) versucht die israelische Regierung, zivilgesellschaftliche Organisationen zum Schweigen zu bringen. Der Entwurf sieht einen Steuersatz von 65% für Organisationen vor, die Mittel von ausländischen Regierungsbehörden erhalten. Die in Teilen rechtsextreme israelische Regierungskoalition zielt damit darauf ab, die Arbeit all jener zu erschweren, die die Rechte marginalisierter Gruppen in Israel und in von Israel kontrollierten Gebieten verteidigen. Wird die Steuerbefreiung von Organisationen aufgehoben, die sich etwa für die Gleichberechtigung von Frauen, die LGBTQ+-Gemeinschaft, unter Besatzung lebende Palästinenser:innen, arabische Bürger:innen Israels oder Geflüchtete einsetzen, werden diese ihre Arbeit erheblich einschränken oder sogar ganz einstellen müssen.
Der New Israel Fund (NIF) Deutschland, der die israelische Zivilgesellschaft unterstützt, begrüßt die Äußerung des deutschen Botschafters in Israel, Steffen Seibert, dass lebendige und ungehinderte Beziehungen zwischen den Zivilgesellschaften ein wesentlicher Wert in unseren liberalen Demokratien sind. Wir rufen jetzt die Bundesregierung, Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock auf, sich gegenüber ihren israelischen Gesprächspartner:innen deutlich gegen die Besteuerung von NGOs zu positionieren.
2016 hatte internationaler Druck u.a. von der Bundesregierung und der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe die Abschwächung einer Gesetzgebung erwirkt, die die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen einschränken sollte, die u.a. Geld aus dem Ausland erhielten. Die Bundesregierung sollte nun dringend und unverzüglich ein deutliches Zeichen der Unterstützung an die demokratische Zivilgesellschaft in Israel senden und gegenüber der Netanjahu-Regierung deutlich machen, dass ein solches Gesetz die wertebasierten deutsch-israelischen Beziehungen beschädigt.
Bei dem Gesetzesentwurf geht es nicht nur um Geld. Er erfolgt im Zuge des von der Netanjahu-Regierung angestrebten Umbaus des Justizwesens, als weiterer Versuch, die pluralistische Demokratie in Israel zu unterminieren und insbesondere die Rechte marginalisierter Gruppen zu schwächen. Der Vorstoß kommt von einer Regierung, deren Vertreter:innen in der Vergangenheit insbesondere Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen immer wieder diffamiert und delegitimiert haben.
Eine vielfältige Zivilgesellschaft ist elementarer Bestandteil einer lebendigen Demokratie. Demokratische Regierungen sollten Kritik aushalten und mit ihren Kritiker:innen in den Diskurs gehen, anstatt Ihnen den Geldhahn zuzudrehen.
New Israel Fund (NIF) Deutschland, 26.5.2023
English version:
Israel is home to by a diverse and vibrant civil society. With the new bill on the taxation of non-governmental organisations (NGOs), the Israeli government is trying to silence civil society. The bill stipulates a tax rate of 65% for organisations that receive funding from foreign government agencies. The (in part far-right extremist) Israeli government coalition thus aims to impede the work of all those who defend the rights of marginalised groups in Israel and in territories controlled by Israel. If the tax exemption is revoked for organisations working for women's equality, for the rights of the LGBTQ+ community, Palestinians living under occupation, Arab citizens of Israel or refugees, these organisations will have to significantly reduce or even stop their work.
As a supporter of Israeli civil society, the New Israel Fund (NIF) Germany welcomes the statement of the German Ambassador to Israel, Steffen Seibert, which emphasised that lively and unhindered relations between civil societies are an essential value in our liberal democracies. We now call on the German government, Chancellor Olaf Scholz and Federal Foreign Minister Annalena Baerbock, to take a clear stand vis-à-vis their Israeli interlocutors against the taxation of NGOs.
In 2016, international pressure from the German government and the German-Israeli parliamentary group, among others, contributed to changes in legislation that was intended to restrict the work of civil society organisations in Israel which receive money from abroad. The German government should now urgently and immediately send a clear signal of support to democratic civil society in Israel and make it clear to the Netanyahu government that such a law would damage the value-based German-Israeli relations.
The bill is not just about money. It has to be seen in the context of the Netanyahu government's efforts to restructure the judiciary and represents a further attempt to undermine pluralist democracy in Israel and to weaken the rights of marginalised groups in particular. The move comes from a government whose representatives have in the past repeatedly defamed and delegitimised human and civil rights organisations.
A vibrant civil society is an crucial component of a living democracy. Democratic governments should be able to withstand criticism and engage in discourse with their critics - instead of cutting them off their funding.
Cover photo: Jerusalem protest against the judicial reforms 27.3.2023, by Maria Baruch via Shatil Stock
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