Shira Livne is Leiterin der Abteilung “Menschenrechte in den besetzten Gebieten” bei der Association for Civil Rights in Israel (ACRI), einer von NIF geförderten NGO, deren Aufgabe der Schutz der Menschen- und Bürgerrechte in Israel und den von Israel kontrollierten Gebieten ist. ACRI ist die älteste und größte Menschenrechtsorganisation Israels. Bei der Veranstaltung “Die demokratische israelische Zivilgesellschaft ein Jahr nach dem 7. Oktober” von NIF Deutschland und Heinrich Böll Stiftung am 5. November 2024 in Berlin, berichtete Shira über die Einschränkung von Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie die Menschenrechtslage in den besetzten palästinensischen Gebieten.
Warum ist Ihre Organisation für Israel unverzichtbar?
ACRI ist eine Menschenrechtsorganisation, und ich denke, dass Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten das Herzstück einer demokratischen und auch gleichberechtigten und sicheren Gesellschaft sind. Daher denke ich, dass der Kampf für diese Rechte und der Kampf gegen Diskriminierung und die Verletzung dieser Freiheiten, die für eine gesunde Gesellschaft notwendig sind, eine wichtige Aufgabe ist.
Was hat sich in Ihrer Arbeit seit dem 7. Oktober geändert?
Schon vor dem Angriff und dem Ausbruch des Krieges war die Lage in Israel sehr kompliziert, nachdem die derzeitige Regierung gewählt wurde. Wir waren also schon vorher mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Aber ich denke, was wir nach dem Ausbruch des Krieges gesehen haben, sind einige zusätzliche Probleme.
Zunächst einmal die Krise innerhalb Israels: die Angriffe an den Grenzen, die interne Vertreibung von Menschen und die Erschütterungen, die die Gesellschaft erlebt. Gleichzeitig hat der Krieg die Aufmerksamkeit von vielen anderen Themen abgelenkt. So sahen wir eine beschleunigte Verletzung der Meinungsfreiheit aufgrund des Krieges, und wir sahen eine beschleunigte Bewaffnung von Zivilisten, die wir vorher nicht in diesem Ausmaß erlebt haben. Weitere Vorgänge im Schatten des Krieges sind z.B. Veränderungen in der Struktur der Besatzung in der Westbank, die im Wesentlichen zur Annexion von Gebiet C führen. Das sind nur einige Beispiele.
Woraus schöpfen Sie Hoffnung?
Vielleicht ist es ein bisschen naiv, aber ich glaube, dass der menschliche Geist zu vielen großartigen Dingen fähig ist, auch zu schrecklichen Dingen, aber immer in der Lage, uns mit seiner Stärke zu überraschen, Herausforderungen zu überwinden und sich selbst aufzubauen und neu zu erfinden. Daher denke ich, dass der menschliche Geist in Kombination mit dem Wissen, dass ich nicht allein bin, dass wir Kollegen in Israel haben, die an dieselben Werte glauben, und auch, dass wir Verbündete im Ausland haben, Hoffnung gibt.
English:
Shira Livne is head of the ‘Human Rights in the Occupied Territories’ department at the Association for Civil Rights in Israel (ACRI), a NIF-funded NGO whose mission is to protect human and civil rights in Israel and the Israeli-controlled territories. ACRI is the oldest and largest human rights organisation in Israel and an NIF flagship grantee. At the event ‘The democratic Israeli civil society one year after 7 October’ organised by NIF Germany and the Heinrich Böll Foundation on 5 November 2024 in Berlin, Shira reported on the restriction of freedom of expression and assembly as well as the human rights situation in the occupied Palestinian territories.
Why is your organisation indispensable for Israel ?
ACRI is a human rights organization, and I think human rights and civil liberties are what stands at the core of a democratic, and also equal and safe society. So I think fighting for those rights and fighting against discrimination and the infringement of these liberties are necessary for a healthy society, is an important role.
What changed in your work since Oct 7?
Even before the attack and the outbreak of the war, the situation in Isreal was very complicated since the current government was elected. So we have already been facing several challenges before. But I think, what we saw after the war broke out, are a couple of things.
First of all, the crisis within Israel: the attacks on the borders, the internal displacement of people, and the true crisis that the society experiences; at the same time, the war took away attention from a lot of other issues; we also saw an acceleration of the infringement of freedom of speech because of the war, and we saw an accelerated arming of civilians which we did not encounter before in that weight; also some processes continue to happen in the shadow of the war behind the scenes, e.g. changes in the structure of the occupation in the Westbank, basically leading to annexation of Area C; those are just a few examples.
What is your source of hope ?
Maybe it is a bit of naive, but I think the human spirit is capable of many great things, awful things as well, but always capable to surprise us with its strength to overgrow challenges and to rebuild and reinvent yourself; so I think the human spirit in combination with the knowledge that I am not alone, that we have colleagues in Israel, that believe in the same things, and also that we have allies abroad, gives hope.